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Bindung  verstehen - die Wurzeln unserer Beziehungen

"Attachment is not a mere connection between two people; it is a bond that involves a desire for proximity to the person we are attached to." John Bowlby

 

Bindung ist mehr als nur ein emotionales Band - sie ist die Grundlage dafür, wie wir uns selbst und andere wahrnehmen, wie wir Kontakt gestalten, Nähe zulassen, Vertrauen entwickeln und Konflikte bewältigen.

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Die Bindungstheorie, ursprünglich von John Bowlby entwickelt und später von Mary Ainsworth weiter erforscht, hat in den letzten Jahrzehnten enorme Bedeutung in der Psychologie, Pädagogik und Beratung gewonnen. Heute wird sie durch neuere Arbeiten, u.a.  von Karl Heinz Brisch oder Laurence Heller und Aline Lapierre weiterentwickelt.

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Mary Ainsworth ergänzte Bowlbys Arbeit mit der berühmten "Fremde-Situations-Testung", bei der sie drei grundlegende Bindungsmuster bei Kindern identifizierte:

  • Sicher gebunden: Vertrauen in Bezugsperson, gute Balance zwischen Nähe und Exploration

  • Unsicher-vermeidend: Emotionale Distanz und Rückzug, um Ablehnung durch die Bezugsperson zu vermeiden

  • Unsicher-ambivalent: Hohe Abhängigkeit, Angst vor Trennung, wenig Exploration

  • Desorganisiert: widersprüchliches Verhalten, oft als Folge traumatischer Erfahrungen

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Karl Heinz Brisch hat die Erkenntnisse dieser Pionierarbeit auf verschiedene Alters- und Lebensphasen übertragen und weiterentwickelt. Er zeigt, dass Bindungsmuster nicht nur Kindheitsthemen sind - sie wirken auch im Erwachsenenalter und sind zeitlebens flexibel und veränderbar.

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Laurence Heller und Aline Lapierre verbinden die Erkenntnisse der Bindungstheorie mit modernen traumatherapeutischen Ansätzen. Aus dem sich entwickelten therapeutischen Ansatzes NARM, geht man davon aus, dass viele heutige Schwierigkeiten (u.a. Selbstwertprobleme, Beziehungsängste, emotionale Instabilität) aus frühen traumatischen Bindungsentwicklungen stammen.

Ihr Ansatz fokussiert nicht nur auf die Vergangenheit, sondern vor allem auf die Selbstwahrnehmung im gegenwärtigen Moment, auf die Entwicklung von Selbstmitgefühl und Selbstregulation sowie auf die Fähigkeit, gesunde, authentische Beziehungen zu gestalten.

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Ein in uns tief verankertes biologisches System - unser Bindungssystem funktioniert wie ein innerer Kompass - es zeigt uns von Geburt an den Weg zu Nähe, Sicherheit und Geborgenheit.​

Als soziale Wesen sind wir zeitlebens darauf ausgerichtet, in Beziehungen zu gehen. In den ersten Lebensjahren sind wir vollständig von unseren primären Bezugspersonen abhängig. Für ein Kind bedeutet Bindung deshalb nicht nur Geborgenheit - Bindung bedeutet Überleben.

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Wenn Bezugspersonen feinfühlig reagieren, die Signale des Kindes wahrnehmen und prompt und verlässlich reagieren, kann sich ein Bindungsband entwickeln, das beides erlaubt: Bindung, Schutz und Halt sowie Exploration, Zutrauen und Lernen.

So wird unser Bindungssystem flexibel und dehnbar - und gleichzeitig stabil genug, um sich sicher auf Entdeckungsreise zu begeben. Bindung und Exploration gehen somit Hand in Hand.

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In der Sicherheit verlässlicher Bindung wächst der Mut, die eigene Welt Schritt für Schritt zu erobern.

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